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Erbrecht: Zur Verjährung von Pflichtteilsansprüchen

Erbrecht: Zur Verjährung von Pflichtteilsansprüchen

In der streitbefangenen Konstellation setzte ein Mann seinen Sohn zu seinem Alleinerben ein. Später widerrief er das Testament und setzt seine „zweite“ Ehefrau zu seiner Erbin ein. Der Sohn meinte, er sei Alleinerbe. Das spätere Testament zugunsten der Ehefrau hielt er für unwirksam, weil sein Vater im Zeitpunkt der Verfügung testierunfähig gewesen sei. Allerdings konnte er auch in zweiter Instanz den schwierigen Nachweis der Testierunfähigkeit nicht erbringen. Daraufhin macht der Sohn Pflichtteilsansprüche gegen die zweite Ehefrau als Erbin geltend. Diese allerdings hat sich auf Verjährung berufen, weil bereits 4 Jahre vergangen waren, seit der Sohn Kenntnis vom Testament erhalten hatte.

Das OLG Hamm entschied jedoch, dass die Frist erst mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Erben Kenntnis erlangt. Dies setzt auch voraus, dass der Sohn weiß, dass ihm (nur) Pflichtteilsansprüche zustehen. Diese Kenntnis kann fehlen, wenn der Berechtigte infolge eines Irrtums davon ausgeht, dass die ihm bekannte Verfügung unwirksam ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn die vorgetragenen Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind bzw. berechtigte Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bestehen. Der Sohn erhielt somit erst kurz bevor er die Pflichtteilsansprüche geltend machte, Kenntnis von der Tatsache, dass ihm nur Pflichtteilsansprüche zustehen. Der Anspruch war folglich nicht verjährt. Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Urt. v. 2.3.2023 (10 U 108/21)

Um sich von dem Testament überhaupt ein Bild machen zu können, sollte der enterbte Pflichtteilsberechtigte wissen, dass er einen Rechtsanspruch darauf hat, Einsicht in das Testament zu nehmen, z.B. beim Notariat. Mit dem Tod des Erblassers entfällt nämlich das Interesse des Erblassers an der Geheimhaltung seines letzten Willens. Das bestätigt ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.7.2020, Az.: NotZ (Brfg) 1/19 ).

Für eine Beratung und Vertretung in Bezug auf diese erbrechtliche Thematik stehen Ihnen gerne Herr Rechtsanwalt Dr. Jürgen Neupärtl und Frau Rechtsanwältin Barbara Augustin-Wittmann, die seit vielen Jahren im Erbrecht tätig sind, zur Verfügung.

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